Soziales

Sozialgerichte vor dem Kollaps

Rechtsstaat

Nach Einführung der Hartz-Gesetzgebungen sehen sich viele Sozialgerichte vor dem Kollaps. Arbeitsrichter berichteten auf einer Tagung des DGB Emscher-Lippe von einer wachsenden Zahl an Streitsachen, die an den Sozialgerichten um Leistungen nach den "Hartz-Gesetzen" geführt werden. Fehlerhafte Bescheide der "Hartz-IV-Behörden" seien der Hauptgrund für viele Verfahren. Die Überprüfung der "Vestischen Arbeit", der ARGE im Landkreis Recklinghausen, durch eine Innenrevision der Bundesagentur für Arbeit brachte Versäumnisse, Fehler und falsche Abrechnungen an den Tag. "Zwei Drittel aller Fälle waren fehlerhaft", war in der lokalen Presse zu lesen.

Die Hintergründe für solche Fehlerquoten sind unterschiedlich. Einerseits sind viele Mitarbeiter der ARGEn unzureichend ausgebildet und nicht mit dem gesetzlichen Hintergrund vertraut. Das führt häufig zu fehlerhafter "Beratung" der Erwerbslosen, natürlich zu deren Nachteil. Andererseits häufen sich Hinweise darauf, dass es ARGEn auf gerichtliche Auseinandersetzungen ankommen lassen, sie regelrecht provozieren. Der einzige Ausweg für Betroffene bleibt, die ihnen rechtmäßig zustehenden Leistungen einklagen zu müssen.

Die Antwort der Bundesregierung auf diese skandalösen Zustände ist nun nicht etwa, diese beseitigen zu wollen. Ihre "rechtsstaatliche" Antwort ist die Erschwerung des Klagewegs für Hartz-IV-Opfer. Die formalen Anforderungen an eine Klage wurden im letzen Monat erhöht. Und was noch dreister ist: die bisherige Kostenfreiheit von Klagen vor den Sozialgerichten steht zur Disposition. Ein Gutachten zu den Auswirkungen von Gerichtsgebühren wurde vom Bundesarbeitsministerium in Auftrag gegeben, dessen Ergebnisse sollen in eine Gesetzesänderung einfließen.

Wir können uns darauf verlassen: in unserem Land geht alles rechtsstaatlich zu. Selbst Sozialraub und Demokratieabbau.

Werner Sarbok
UZ 14. März 2008