Antifaschismus

Lindner und die Brötchen

Zu Lindners versteckter Polemik
gegen geflüchtete Brötchenkäufer

 Kinderspielplatz vor Wohnhaus.

Christian Lindner führte kürzlich auf dem FDP-Parteitag in Berlin aus: «Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterscheiden, wenn einer mit gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hoch qualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist, oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer. Damit die Gesellschaft befriedet ist, müssen die anderen, die in der Reihe stehen, damit sie nicht diesen einen schief anschauen und Angst vor ihm haben, müssen sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich legal bei uns aufhält. Die Menschen müssen sich sicher sein, auch wenn jemand anders aussieht und noch nur gebrochen deutsch spricht, dass es keine Zweifel an seiner Rechtschaffenheit gibt. Das ist die Aufgabe einer fordernden, liberalen, rechtsstaatlichen Einwanderungspolitik.»

Diese fremdenfeindliche Polemik ist konstruiert und deckt sich nicht mit der Einkaufswirklichkeit des FDP-Vorsitzenden in seiner Wahlheimat Düsseldorf. Die DKP recherchierte: Der Abstand zwischen Christian Lindners Wohnung (Fürstenplatz 14) und der nächsten Bäckerei (Kamps, Kirchfeldstraße 143) beträgt fußläufig rund 100 Meter. Bei seiner Einkaufstour könnte er also zweifelsfrei den Porsche in der Garage lassen und sich der Begegnung mit dem internationalen Proletariat auf dem Fürstenplatz face to face aussetzen. Da die Menschen auf diesem vielbelebten Platz in aller Regel jedoch nicht seine Kragenweite haben, ist Lindner für sie auch kein Favorit für ein Gespräch in «gebrochenem Deutsch». Deshalb bleibt es höchst zweifelhaft, ob Lindner seinen fremdenfeindlichen Ausfall mit eigenen Beobachtungen bei einem Einkauf in der Bäckerei belegen kann.

Lindners Fischzug im Teich der AfD erinnert peinlich an den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU), der schon zur Jahrtausendwende, im März 2000, den ausländerfeindlichen Spruch «Kinder statt Inder» in seinen Wahlkampf in Düsseldorf eingebaut hatte. Dahinter stand die Horrorinszenierung, dass indische Computerspezialisten dem deutschen Nachwuchs den Arbeitsplatz abspenstig machen würden. Erst im Oktober 2000 rückte Rüttgers von dieser Kampagne ab. Bei Lindner ist diese Selbstkritik bei aller Vorliebe für künstliche Intelligenz noch nicht zu erkennen.

Der Übergang vom Populisten zum Neofaschisten ist bisweilen fließend. Manche FDP-Biografie beginnt dabei nicht mit dem «Neo», sondern eher mit «Alt». Die Aufzählung könnte bei Ernst Achenbach (NSDAP 1937 – 1945) beginnen.


Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorg