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Wahl zum Bundestag

Die Wahl zum Bundestag
vom 24. September 2017

Die Regierungsparteien der Großen Koaltion haben 13,9 % der Stimmen verloren. Allein CSU und CDU kommen auf einen Verlust von 8,6 %. Die Zustimmung für die Unionsparteien sinkt auf 32,9 %. Die SPD verliert 5,3 %. Mit 20,5 % der Stimmen fällt sie auf den Tiefpunkt ihrer Entwicklung. Demgegenüber erreichen AfD 12,6 %, FDP 10,7 %. AfD und FDP haben in der Größenordnung von 13,8 % gewonnen, was die Parteien der Großen Koalition verloren haben (13,9 %). Die AfD schluckt mit ihren 12,6 % fast allein die Verluste der Groko-Parteien. In absoluten Zahlen hat die SPD gegenüber 2013 noch einmal 1,7 Mio Stimmen verloren, die Union 2,5 Mio Stimmen. FDP und AfD holten zusammen 6,73 Mio Stimmen.

Die Regierung der Großen Koalition ist dramatisch abgewählt worden.

Auffällig sind aber auch die überproporionalen Verluste der CDU in Sachsen und der CSU in Bayern. Auffällig, weil hier Rechtsausleger der Union an der Regierung sind und durch ihre Politik mehr als anderswo der AfD auf die Sprünge geholfen haben. In Sachsen hat die CDU 328.913 Stimmen verloren, in Prozenten sind das 15,8. 26,9 % der Sächsinnen und Sachsen haben ihr noch das Vertrauen gegeben. Demgegenüber stehen Gewinne der AfD von über einer halben Million Stimmen. Sie kam auf 669.895 Wählerinnen und Wähler. Sie hat 20,3 % zugelegt und ist mit 27,0 % die stärkste Partei in Sachsen.

Die CSU hat 373.825 Stimmen in Bayern verloren, in Prozenten: 10,5. Das ist deutlich mehr als die 7,4 % Verluste der CDU im restlichen Bundesgebiet. Die AfD hat in Bayern 632.594 Stimmen gewonnen, landete mit 916.164 Stimmen bei 12,4 %, das ist Rekord bei den westlichen Bundesländern. Rechte Politik mindert nicht die Zustimmung zur AfD, sondern fördert sie.

Die Rechtsentwicklung ist ein langfristiges Projekt unserer herrschenden Klasse. Ich erinnere allein an die anderthalb Millionenauflage von Sarrazins rassistischem Buch «Deutschland schafft sich ab», das 2010 in einem Bertelsmann-Verlag erschien und in Bertelsmann-Sendern und -Zeitschriften beworben wurde. Ich erinnere an das rechtsterroristische Projekt NSU mit seinen über 40 V-Leuten, an das Weißbuch der Bundeswehr und die Konzeption Zivile Verteidigung vom vergangenen Sommer. Ich erinnere daran, dass die AfD im Februar 2013 vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall und seiner Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft aus der Taufe gehoben worden ist. Ich erinnere an die Bürgerkriegsszenarien des G-20-Gipfels vom Juli. Auch an das sogenannte Duell von Merkel und Schulz am 3. September, denen nach einem sorgfältigen Proporz je zwei Journalisten von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern Fragen vorwiegend zum Thema Flüchtlinge, Asyl und Obergrenzen vorlegten, Fragen, die AfD und Nazis jauchzen lassen und mit rassistischer und fremdenfeindlicher Demagogie zu beantworten pflegen.

In einer ersten Erklärung am Montag nach der Wahl konstatiert die Pressestelle unserer Partei einen Rechtsruck. Der kam aber nicht überraschend. Denn die drei Landtagswahlen in diesem Jahr hatten derartige Ergebnisse schon erwarten lassen. Insbesondere ist eine große Zahl von Wählern, vor allem in den östlichen Bundesländern, der sozialen und nationalen Demogagie der Rassisten und Nationalisten der AfD auf den Leim gegangen. Allenfalls die erste der Landtagswahlen, die Saarwahl vom 26. März, kann das Überraschungsmoment für sich in Anspruch nehmen. Einen Tag nach dem Wahlsonntag hatte die großbürgerliche Frankfurter Allgemeine Veranlassung, ein «Fest der Demokratie» zu feiern. Leitartikler Günter Bannas war ganz aus dem Häuschen. Offenbar hatte er ein anderes Ergebnis befürchtet.

Tatsächlich legten im Saarland CDU (40,7 %, + 5,5 %), FDP (3,3 %, + 2,1 %) und AfD (6,2 %, + 6,2 %) zusammen um 13,8 Prozent zu, in Schleswig-Holstein gewannen sie am 6. Mai 10,4 Prozent, selbstverständlich zu Lasten von SPD, Grünen, Linkspartei und Piraten.

In NRW haben am 14. Mai CDU (+ 6,6 %), FDP (+ 4,0 %), AfD (+ 7,4 %) zusammen 18 % gewonnen, SPD (- 7,9 %), Grüne (- 5,0 %), Piraten (- 6,9 %), zusammen 18,8 % verloren. Nur die Linkspartei konnte 2,4 % mehr als in der Landtagswahl 2012 erzielen, verfehlte mit 4,9 % um 8.500 Stimmen aber knapp das Ziel, in den Landtag zu kommen.

Folgerichtig erklärten die beiden DKP-Bezirkssekretariate am 15. Mai: «Das Ergebnis der NRW-Landtagswahl bedeutet einen dramatischen politischen Rechtsruck mit deutlicher Signalwirkung für die Bundestagswahl im September.» In der Tat hat sich diese Prognose bewahrheitet. Schlussfolgerungen, gar Korrekturen unserer insgesamt blauäugigen Beteiligung am Wahltheater unterblieben indes.

Bei der Bundestagswahl vor vier Jahren war auffällig, dass die 5 %-Klausel insgesamt 9,5 Stimmenprozente von AfD und FDP wirkungslos gemacht hat. Für die bürgerlichen Parteien (wenn ich sie bei aller Vorsicht als solche von dem eher linken Lage abgrenzen darf) – CDU 41,5 %, FDP 4,8 %, AfD 4,7 %, hatte sich tatsächlich eine Mehrheit der WählerInnen – 51 Prozent – entschieden. Aber FDP und AfD mussten draußen bleiben. Auf der anderen Seite waren SPD mit 25,8 %, Linkspartei mit 8,6 % und Grüne mit 8,4 % – zusammen 42,4 % – zwar in der Minderheit im Verhältnis zur Gesamtwählerschaft geblieben, aber dieser Prozentsatz übertraf die 41,5 % der verbliebenen Unionsparteien.

Bei 631 Bundestagssitzen in der letzten Legislaturperiode wurde folglich zum Regieren eine Mehrheit von mindestens 316 Sitzen benötigt. Die Unionsparteien allein brachten es aber nur auf 311. Merkel stand nackend in den Erbsen. Sie musste koalieren.

Die Linke hatte 64, SPD 193, Grüne 63 Sitze. SPD, Grüne und PDL hätten mit 320 Sitzen über eine Mehrheit verfügt. Ein Tabu. Merkel wurde durch die SPD gerettet. Die ließ sich auf die Große Koalition ein und besiegelte damit ihre Politik gegen die eigenen Wähler. Man muss aber auch feststellen, dass es im Herbst 2013 an Protesten, gar einer Protestbewegung, gegen die Große Koalition gefehlt hat. Und diese Kritik geht auch an die eigene Adresse. [1]

In diesem Jahr haben AfD und FDP nicht nur die 5 %-Schranke überwunden. Sie werden mit ihren nunmehr in der Summe 23,3 Stimmenprozenten und zusammen mit den Unionsparteien das Recht des Stärkeren, Profitgarantien für die Reichen und weitere Verarmung der auf Lohnarbeit angewiesenen Bevölkerung durchsetzen. Sollte es tatsächlich zu einer Jamaika-Koalition kommen, können wir wetten, wer zuerst eingeht: Jamaika oder die Grünen.

Die SPD hat sich für eine reaktionäre Politik geopfert. Noch zwei Tage vor der Saarwahl erteilte sie der PKW-Maut ihren Segen. Prompt verfehlte sie im Saarland die Prognosen um etliche Prozentpunkte. Auch die Wahl in Schleswig-Holstein verlor sie am 7. Mai. Am nächsten Tag eilte Martin Schulz zur Berliner Industrie- und Handelskammer, um einen Vortrag über seine wirtschaftlichen Pläne zu halten. Dem Publikum vermittelte er: Auf die sozialen Probleme der Lohnabhängigen und Armen wird keine Rücksicht genommen.

Die SPD leugnet, dass die Grundgesetzänderungen der Großen Koalition vom 1. Juni die Privatisierung der Autobahnen vorbereiten. Hannelore Kraft sprach sich noch im Mai gegen eine Koalition mit der Linkspartei aus, ausdrücklich mit dem Argument, diese verweigere sich der grundgesetzlich verankerten Schuldenbremse.

Nach der Niederlage der SPD bei den NRW-Landtagswahlen schätzten wir ein: Die Vertrauensverluste gegenüber der SPD erklären sich durch ihren sozialen Zynismus. Die Interessen der arbeitenden Menschen sind ihr schnurz. Hartnäckig hält die SPD an ihrer Agenda-Politik fest. Das hatte schon in der Landtagswahl 2005 für eine Halbierung der Stimmen gesorgt. Sie orientiert sich schamlos an den Interessen des Großkapitals. Sie trägt jeden Kriegseinsatz mit. Ihr ist offenbar nicht zu helfen.

Noch in den letzten Sitzungen des Bundestags, wurden von der SPD einschneidende gesetzliche Maßnahmen zur Massenüberwachung mitgetragen. Drei will ich nennen: Facebook allein muss auf der Grundlage des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, das der Bundestag am 30. Juni beschlossen hat, hunderte von Mitarbeitern einstellen, die ausschließlich für die Entfernung von mutmaßlich strafbaren und beleidigenden Einträgen zu sorgen haben. Sie sind bei Arvato angestellt, einer Firma, die zum Bertelsmann-Konzern gehört. So wird das Recht privatisiert. Rechtsmittel sind da nutzlos.

Nach langwierigen Auseinandersetzungen wurde nach den Anschlägen von Paris von der Großen Koalition wieder ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung aufgelegt. Es sollte seit dem 1. Juli gelten. Einige Tage vorher stellte das Oberverwaltungsgericht in NRW fest, dass das Gesetz gegen EU-Recht verstoße.

Und seit dem 19. Juni ist der Staatstrojaner Gesetz. SPD und CDU/CSU versteckten ihn in einem Änderungsantrag zum Gesetz über das Fahrverbot als Nebenstrafe.

Augenfällig sind die Unterschiede in den östlichen und den westlichen Bundesländern. Die AfD gewann überproportional und dramatisch im Osten. Hier wurde die AfD mit 21,6 Prozent nach der CDU die zweitstärkste Kraft. Im Osten kam die Linkspartei nur noch auf 16,2 Prozent. Auch sie verlor an die AfD. Vier Jahre zuvor hatte die AfD im Osten 5,9 %, die Linke lag bei 22,7 Prozent.

Zusammengezählt haben im Osten die Bürgerlichen (CDU – 10,9 %; AfD + 16,1 %, FDP 4,8 %) 10 % gewonnen, SPD (- 4,0), Linkspartei (- 4,9 %) und Grüne (- 0,1 %) zusammen 9 % verloren.

Erheblich verlor die CDU an die AfD.

Im Westen kam die CDU auf 34,1 % (- 8,1 %), die SPD auf 21,9 % (- 5,5 %), die Grünen auf 9,8 % (+ 0,6 %), die FDP auf 11,4 % (+ 6,2), die AfD auf 10,7 % (+ 6,3 %), die Linkspartei auf 7,4 % (+ 1,8 %).

Das bürgerliche Lager gewann also im Westen 4,4 %, das eher linke Lager verlor 3,1 %.

Insgesamt konnte das Plus von 1 Mio Stimmen für Linkspartei und Grüne republikweit das Minus der SPD von 1,7 Mio Stimmen nicht kompensieren.

Die Presseerklärung der DKP vom 25. September sagt: «Die Linkspartei hat unter dem Strich ein kleines Plus errungen, aber ihr Stimmen- und Bedeutungsverlust in den früheren Stammländern auf dem Territorium der DDR hält an. Sie verlor etwa 500.000 Stimmen an die AfD.» In Wirklichkeit ist aber das angeblich kleine Plus größer als das Minus. Die Linkspartei hat im Westen mehr Stimmen gewonnen als im Osten verloren. Unter dem Strich beträgt das Plus 541.063 Stimmen.

Das Ergebnis der Bundestagswahlen in NRW (im Vergleich dazu die Ergebnisse in den westlichen Bundesländern)

CDU 3.214.208 32,6 – 7,1 34,1

SPD 2.558.224 26,0 – 5,9 21,9

GRÜNE 745.082 7,6 – 0,4 9,8

DIE LINKE 736.898 7,5 +1,3 7,4

FDP 1.292.744 13,1 + 7,9 11,4

AfD 928.323 9,4 + 5,5 10,7

In NRW hat das linke Lager mit 41,1 % noch leichte Vorteile im Verhältnis zu den 39,1 % in den westlichen Bundesländern, das bürgerliche Lage erreicht aber auch hier eindeutige 55,1 % (sonst 56,2).

Auffällig erfolgreich war die Linkspartei in Köln, wo sie trotz größerer Wahlbeteiligung von 8,1 % auf 11,47 % der Stimmen kommen konnte. In unserer Stadt ist die AfD demgegenüber mit 7,25 % verhältnismäßig schlecht dran. Schon in der Einschätzung der Landtagswahl führten wir diese Ergebnisse darauf zurück, dass es in Köln starke soziale und antifaschistische Bewegung gab und gibt.

In der Innenstadt kommt die Linkspartei sogar auf 15,13 %, die AfD auf 4,05 %. Einzelne Wahlbezirke ragen heraus: Altstadt Nord Zweitstimmen PDL: 12,8, AfD 4,5; Deutz PDL 13,3, AfD 5,4; Neustadt-Nord PDL 15,0 %, AfD 3,9 %.

Kalk: PDL 20,5 %, AfD 8,2 %. Ehrenfeld PDL 19,8, AfD 3,9.

In Bayenthal ist die Relation 12.0 zu 4,7, Zollstock 13,8 zu 7,0. Klettenberg 12,4 zu 3,6. In Mülheim 17,3 zu 7,6.

Patrik Köbele sagte auf dem LLL-Treffen im Januar: Wir müssen und wollen 30.000 Unterschriften für die Absicherung unserer Kandidatur sammeln. Diese Zahl war nicht aus der Luft gegriffen, denn in der Regel werden pro Landesliste 2000 Unterstützungsunterschriften benötigt, dazu pro Wahlkreiskandidat 200.

Trotzdem war sie schon damals offenkundig zu ehrgeizig. Diese Unterstützung konnte nicht erreicht werden. Es blieb bei Landeslisten in 9 von 16 Bundesländern. In Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Saarland sowie in den östlichen Bundesländern bis auf Brandenburg kam keine Liste zustande. Außerdem konnten wir Unterschriften für 16 Wahlkreiskandidaturen sichern. Für 23 weitere Kandidaten wurde das Quorum nicht erreicht.

Ich kenne das schließliche Ergebnis der Unterschriftensammlung nicht, aber für die wirksamen Landeslisten waren mindestens 15.766, für die 16 Wahlkreiskandidaten noch einmal 3.200 Unterschriften fällig gewesen. Die Summe wird um die 20.000, wahrscheinlich etwas darüber liegen. Eine große Leistung unserer kleinen Partei. Umso mehr gibt das Ergebnis zu denken: Wir errangen an Erststimmen 7.514, im Schnitt pro Kandidaten 470, und an Zweitstimmen 11.713. Etwa jeder zweite Unterstützer der Liste hat am Ende einer anderen Partei seine Stimme gegeben.

Interessant sind die Unterschiede. Nur in zwei Bundesländern übertraf die Zahl der Stimmen die der geforderten Unterstützungsunterschriften. In NRW bekamen wir 2238 Stimmen. Damit sind wir noch unter die Zahl der Landtagswahl gerutscht. Am 14. Mai konnten wir noch 2899 Zweitstimmen registrieren.

Und Brandenburg ragt mit 2514 Stimmen über unser sonstiges Niveau weit heraus. Hier gab es 1,5 Mio Wähler, in NRW müssten wir zur Wahrung der Proportionen 10 mal so viel erreichen. In Brandenburg gab es zudem im Verhältnis die meisten Wahlkreiskandidaturen und sie erhielten auch mehr Stimmen als anderswo. Werner Grünwald im Wahlkreis 59 (Märkisch-Oderland) erzielte mit 1149 Erststimmen beachtliche 0,7 Prozent. Respekt! Und Glückwunsch an die Brandenburger Genossinnen und Genossen! Auf den zweiten Rang kam Achim Bigus Wahlkreis 39 (Osnabrück) mit 958 Erststimmen (0.6 %).

Vor vier Jahren kandidierten wir nicht auf Landeslisten, aber immerhin mit Direktkandidaten in sechs Wahlkreisen. Sie erhielten zusammen 1705 Stimmen, im Schnitt 284.

In Köln haben wir in den vier Wahlkreisen folgende Zahlen erreicht:

Wahlkreis 93 (Köln I: Porz, Kalk, nördliche Innenstadt): 38

Wahlkreis 94 (Köln II: Lindenthal, Rodenkirchen, südliche Innenstadt): 38

Wahlkreis Köln 95 (Köln III: Chorweiler, Ehrenfeld, Nippes): 25

und 23 Kölner Stimmen im Wahlkreis 101 (Leverkusen/Köln-Mülheim).

Macht zusammen 124 Zweitstimmen in Köln für die DKP bei der Bundestagswahl. Im Mai bei der Landtagswahl konnten wir noch 195 Zweitstimmen für uns registrieren (267 Erststimmen).

Aber zur ausgewogenen Beurteilung wollen wir das Gesamtwahlergebnis in Relation zu den vorherigen setzen.

Bundestagswahlen:

1972: 113.891 Stimmen,

1976: 118.581

1980: 71.600

1983: 64.986

(1987 Friedensliste mit 0,5 % der Erststimmen = etwa 190.000)

Europawahlen:

(1984 Friedensliste: 313.108 = 1,3 %)

1989: 57.704

2004: 37.160

2009: 25.615

2014: 25.204

Wie deuten wir die Ergebnisse der 2017er Bundestagswahl? Haben wir unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, die Rechtsentwicklung zu bekämpfen? Lag das überhaupt in unserem Blickfeld? Wie bilanzieren wir unsere Kandidatur? Die Presseerklärung vom 25. September sagt dazu: «Das Ergebnis der DKP mit 11.713 Stimmen ist sehr niedrig und kann uns nicht befriedigen. Es ist auch die Quittung dafür, dass wir seit 1989 zu keiner Bundestagswahl eigenständig angetreten sind. Unser Antritt war richtig, nicht weil wir auf Wahlergebnisse hofften, sondern weil wir damit einen Beitrag geleistet haben, um die DKP und ihre Inhalte bekannter zu machen und zu stärken. Wir haben ‹Rot auf die Straße› getragen und werden das weiter tun. Das ist mittel- und langfristig der richtige Weg, um Massen- und Klassenbewusstsein zu ändern und auf den richtigen Gegner zu lenken.»

Natürlich kann eine Presseerklärung am Tag nach der Wahl noch nicht mitteilen, ob wir unsere Kräfte richtig eingeschätzt und eingesetzt haben. Aber für die Bundestagswahlen gilt dasselbe, was wir schon zur Landtagswahl sagen mussten: Wahlkreiskandidaturen hätten völlig ausgereicht, uns in diesem Wahlkampf zu profilieren. Eine flächendeckende Kandidatur auf Landeslisten war ohnehin nicht zu erreichen. Es war abzusehen, dass zwei Wahlkämpfe innerhalb weniger Monate namentlich unsere Bezirksorganisation politisch und organisatorisch überfordern mussten. (Bezirksrundbrief vom 11. April 2017: «Wir haben unsere Vorgaben beim Sammeln der Unterschriften mehr als erfüllt. Leider aber auch unter Vernachlässigung anderer Aufgabenbereiche. Wir nennen ganz offen als Beispiele: Frieden, Antifaschismus, Bildung. Und auch: die letzte ausgefallene Bezirksvorstandssitzung.»)

Tatsächlich haben wir unsere taktischen und strategischen Wahlziele verfehlt. Während sich die zentrale Facebook-Seite an Fotos von Laternen, an denen DKP-Wahlplakate hingen, berauschte, zogen Große Koalition und Rechtskräfte nahezu widerstandslos ihre Politik durch. Massenproteste unterblieben. Was ist aus der Aktion «Reichtum umverteilen» und dem geplanten Aktionstag 6. September geworden? Was hat es an Friedensaktionen um den 1. September gegeben? Was hat die Partei zu den Protesten gegen die im Juni und Juli beschlossenen Maßnahmen zur Massenüberwachung beigetragen? Was passiert gegen Ceta?

Schon der Streit um die Kandidatur hat viele Kräfte brach gelegt statt zu mobilisieren. Parteiführung und Bezirk finden den Kampf gegen den Bezirk Südbayern vordringlicher und problematisieren längst im Programm geklärte strategische Orientierungen. Wenigstens jetzt gilt es, unsere Kräfte zu konzentrieren auf den Kampf gegen Rechts und für den Frieden, für die Stärkung bzw. Entwicklung sozialer Bewegung: für bezahlbare Wohnungen, bessere Pflege, Krankenhäuser, Renten, gegen Kinderarmut. Das eint die Klasse und das eint uns.

Klaus Stein, Köln, 10. Oktober 2017
Fotos: PV facebook


Zwei bürgerliche Parteien Opfer der Fünfprozentklausel  – Die Wahl zum Bundestag am 22. September 2013