Umwelt

Fukushima: Bundesweite Demonstrationen

In Düsseldorf direkt vor der Haustür des Atomkonzerns E.ON

Atomkraftgegnerinnen mit Fahnen und Transparenten: »1986 Tschernobyl, 2011 Fukushima: AKWs endlich abschalten!«.

Um die 200 Kundgebungen und Demonstrationen erinnerten bundesweit eindrucksvoll an den vierten Jahrestag der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima. Das Engagement war ebenso in die Zukunft gerichtet: »AKWs endlich abschaffen!« Diese konsequente Forderung war an die Regierungen und an die Atmkonzerne weltweit gerichtet.

In Düsseldorf konnte die Auftaktkundgebung keinen passenderen Platz haben als direkt an der E.ON Zentrale. Für die mehr als 400 AtomkraftgegnerInnen als morbides Zeichen im Hintergrund: der Büroturm einer Lebensversicherung. Zur Kundgebung und der anschließenden Demonstration durch die Innenstadt mit Zwischenstation am Rathaus und Abschluss am Wirtschaftsministerium hatte ein Zusammenschluss aus verschiedenen Antiatom-Initiativen und der Japanischen Gemeinde in Düsseldorf aufgerufen. Unterstützung gab es auch aus Kreisen der DKP.

In Düsseldorf war der Fokus der Kritik auf die AKW-Betreiber vor der eigenen Haustür gerichtet. Stefan Kubel erinnerte an die unbegrenzten Laufzeiten der Einrichtungen in Lingen und Gronau, an den anhaltenden Atommüll-Transport und die Planung einer Halle, die der Atom-Mafia, so die Bezeichnung durch Klaus den Geiger, als »Endlager« dienen möge. Jochen Stay von ».ausgestrahlt« richtete »den Blick auf die Täter« und den »Umbau« und »Ausstieg« aus der Atomindustrie, die Milliarden Euro Rücklagen retten will und die Beseitigung der Schrottimmobilien und des Atommülls gerne den Steuerzahlern aufbürden möchte.

Auch das Antiatom-Bündnis Niederrhein kritisiert: »E.ON plant, den kostspieligen Ausstieg aus der Atomkraft an eine zu gründende Tochtergesellschaft auszugliedern. Die AtomkraftgegnerInnen fordern die Politik auf, dies nicht zuzulassen und sich der Einflussnahme der Atomlobbyisten zu entziehen. Vielmehr ist es notwendig, die bislang gebildeten Rücklagen für die Abwicklung der Atomkraft, die mit 36 Mrd. € ohnehin zu knapp kalkuliert sind, in die öffentliche Hand zu überführen und die Konzerne trotzdem weiterhin in die Pflicht zu nehmen.«

Sauer aufgestoßen war der Hinweis von Jochen Stay auf den Lobbyisten Gerald Hennenhöfer. Der Jurist war im Bundesumweltministerium Leiter der Abteilung für Reaktorsicherheit (2009 – 2014). Zwischenzeitlich war er in Diensten von E.ON, danach wieder unter den Umweltministern Norbert Röttgen (CDU) und Peter Altmaier (CDU) aktiv. Es gibt kaum einen Atomskandal, der nicht über Hennenhöfers Schreibtisch lief.

Neben der Bundespolitik galt die Kritik der SPD/Grünen-Landespolitik im Zusammenhang mit der Entsorgung des Jülicher Atommüll: »Mit Blick auf den geplanten gesetzeswidrigen Export von 152 Castoren mit Atommüll aus dem havarierten Reaktor in Jülich wird die Politik aufgefordert, eine aktivere Rolle zu spielen. Die Veranstalter fordern, die Betreiber des Versuchsreaktors zu einem verantwortlichen Umgang mit ihren atomaren Altlasten zu drängen. Tatsächlich aber überlässt man trotz einschlägiger Negativerfahrungen eben diesen Betreibern weiterhin die Initiative.«

Kerstin Ciesla, stellvertretende Vorsitzende des BUND Nordrhein-Westfalen, legte auf der Abschlusskundgebung den Finger ebenfalls in diese offene Wunde: »Die Absichten zur Entsorgung des Jülicher Atommülls werfen ein erschreckendes Bild auf die Rolle der Landespolitik. Die Verantwortlichen in Jülich haben sich in den vergangenen Jahren für einen geordneten Umgang mit ihren Altlasten mehrfach disqualifiziert. Aber anstatt daraus die politischen Konsequenzen zu ziehen und die Betreiber an die Kandare zu nehmen, überlässt man denen das Feld. Die bislang bekannten ›Lösungsvorschläge‹ sind ein Schlag ins Gesicht all derer, die zukünftig unter den Folgen dieser Politik leiden werden.« Die Landesregierung wird aufgefordert, diese absehbaren Folgen zu verhindern. Neben den kalkulierten Kosten in Milliardenhöhe zu Lasten des Steuerzahlers besteht erhebliche Gefahr für Mensch und Umwelt.

Die Veranstalter wiesen schließlich darauf hin, dass mit der Urananreicherungsanlage in Gronau der Atomausstieg konterkariert wird: »In Gronau werden etwa zehn Prozent des weltweiten Bedarfs an Atombrennstoffen hergestellt. Dabei fallen atomare Abfälle in der Größenordnung von mehreren zehntausend Tonnen an, für die kein Entsorgungskonzept vorliegt. Zudem finden zahlreiche Atomtransporte durch das dicht besiedelte Nordrhein-Westfalen statt. Auch der beabsichtigte Verkauf der Anlage, mit der auch Atomwaffen produziert werden können, ist für die AtomkraftgegnerInnen nicht hinnehmbar.«

Die katastrophale Situation in Japan stellte Shin Sugok vom Vorstand des internationalen Netzwerkes »Norikoenet« dar. In Übereinstimmung mit dem Atomkonzern Tepco deklamiere die Regierung immer wieder, dass die »Strahlen unter Kontrolle« seien. Gleichzeitig aber seien 140.000 Menschen innerhalb Japans auf der Flucht in vermeintlich sichere Gebiete. Wie Zynismus der japanischen Regierung mutete die Einladung zur Olympiade 2020 nach Tokio an. Prophezeit werden strahlende Spiele.

Auch mit Musik zwischen Punk und Klassik gab es einen vielbeachteten Protest in Düsseldorf: Klaus der Geiger griff zunächst so in die Saiten, dass es nur so kreischte. Die deutsch-japanische Band »The Collenbachs« verdeutlichte lautstark die internationale Solidarität. Später noch einmal Klaus. Diesmal ungewohnt klassisch. Viel Beifall schließlich auch für »Heiter bis wolkig« und Gerd Schinkel bei der Abschlusskundgebung.

Uwe Koopmann
Foto: Bettina Ohnesorge


»Ein herzliches Dankeschön auch an Wolfgang Bergmann von der DKP Köln-Mülheim, der als Fahrer souverän unsere Schwierigkeiten mit dem Demo-LKW meisterte.« K.M.