Betrieb & Gewerkschaft

Repression & Widerstand unter Hartz IV

Modellprojekt »Bürgerarbeit«

Ein Modellprojekt zur Erprobung neuer Formen von Zwangsarbeit

 

Bei der Planung der Neuaus­rich­tung der Arbeits­markt­po­li­tik durch die »rot«-grüne Schröder-Fischer Regie­rung ab 2002 (Hartz I-IV), saß die CDU von Anfang an mit im Boot. So ist zum Beis­piel die Erpro­bung der so genann­ten Options­kom­mu­nen, bei denen die Trä­ger­schaft für die »Betreuung« von Lang­zeit­er­werbs­losen aus­schließ­lich in kom­mu­na­len Hän­den liegt, der Inter­ven­tion des ehe­ma­li­gen hes­si­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Koch zu verdanken.

 

 

Einigkeit herrschte bei allen Beteiligten darüber, dass die Schuld an der Erwerbslosigkeit bei den Erwerbslosen selbst zu suchen sei und nicht etwa in der Krisenanfälligkeit des kapita­lis­tischen Wirt­schafts­systems. Die Folge war der Auf- und Ausbau eines Systems der »Verfol­gungs­be­treuung« die in der Triade des »Fordern, Förderns, Strafens« ihren Ausdruck fand. Durchaus unter­schied­licher Auf­fas­sung war man jedoch in der orga­ni­sa­to­rischen Aus­ge­stal­tung dieses Regimes. Bevor­zugte »rot«-grün noch die Ein­bindung der Kompe­tenz einer Bundes­agentur für Arbeit in Form der ArGen, d.h. der Arbeits­ge­mein­schaft zwischen Bund und Kom­mune in dieses Projekt, verfolgt die CDU nach wie vor den Koch’schen Kurs der kom­mu­nalen Alleinherrschaft.

 

 

Schwarz-gelbe Pläne zur weiteren Umorientierung in der Sozialpolitik

So heißt es etwa zur näheren Begründung im »Gesetz­entwurf der Bundes­regierung für ein Gesetz zur Leistungs­stei­gerung der arbeits­markt­po­li­ti­schen Instrumente« von 2010

 

»Mehr Dezentralität ermöglicht einen an den Erfor­der­nis­sen vor Ort orien­tier­ten Ein­satz der arbeits­markt­poli­tischen Instru­mente. Sie gewähr­leistet eigen­verant­wort­liche Gestal­tungs­freiheit und dezen­trale Ent­schei­dungs­kom­pe­ten­zen bei der Aus­wahl der Handlungsansätze.

Höhere Flexibilität ermöglicht mit Blick auf die sehr unter­schied­lichen persön­lichen Voraus­set­zungen der Ausbil­dung- und Arbeit­suchen­den und die Anforde­rungen der jeweils offenen Stellen bzw. die jeweilige Aufnahme­fähig­keit der regio­na­len Arbeits­märkte, die Instrumente anzu­wenden, die auf den konkreten Fall passen.«

 

Entsprechend wurde das »Experiment« Optionskommune von der schwarz-gelben Bundes­regierung beendet und nun gesetzlich verfestigt und verankert. Darüber hinaus wurde die Zahl der Options­kommu­nen um 34 auf nunmehr 100 Organi­sations­ein­heiten erhöht.

 

Mit der Zielrichtung der größeren Dezentralität korrespondiert das neue arbeitsmarktpolitische Instrument der Bürgerarbeit.

 

Was heißt für die Regierung »Bürgerarbeit«?

  • Für die geplanten 34.000 Bürgerarbeitsplätze bewarben sich in einem Inter­essen­bekun­dungs­ver­fahren, das bis zum 27.05.2010 befristet war, 197 Grund­siche­rungs­stellen, deren Konzepte später auch alle von dem dafür zustän­dige Bundes­ver­wal­tungs­amt genehmigt wurden.(Bundes­minis­terium für Arbeit und Soziales, BMAS, v.15.11.2010)
  • Als Arbeitgeber kommen insbesondere Gemeinden, Städte und Kreise in Betracht. Gefördert werden können aber auch andere Arbeitgeber im Einver­nehmen mit den Gemeinde, Städten und Kreisen.« (BMAS v.25.11.2010)
  • Diese Arbeitgeber erhalten für den Zeitraum von maximal 36 Monaten einen Zuschuss von 1080 € zum Arbeits­entgelt und zum Sozial­versi­cherungs­auf­wand bei 30 Wochen­stunden bzw.720 € bei 20 Wochen­stunden. Die dabei aufzu­wendenden 1,3 Milliarden € werden dabei zu 700 Millionen € vom Bund und zu 600 Millionen € aus Mitteln des Europä­ischen Sozial­fonds bestritten.
  • Der eigentlichen Beschäftigungsphase in der Bürgerarbeit von maximal 36 Monaten ist eine sechs Monate dauernde Akti­vie­rungs­phase vor geschaltet.
  • Erst wenn es in dieser Phase nicht gelingt, einen Arbeits­platz auf dem »ersten« Arbeits­markt zu finden erfolgt die Zuwei­sung zu einem Bürgerarbeitsplatz.

 

Die finanzielle Ausstattung für die Betroffenen

In der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE macht die Bundesregierung folgende Beispielrechnung zur finanziellen Ausstattung der Betroffenen vom Projekt »Bürgerarbeit« auf:

 

»Für eine alleinstehende Person in der Beschäf­ti­gungs­phase des Modell­projekts ›Bürger­arbeit‹ ergäbe ein Brutto­einkommen von 900 Euro ein Netto­erwerbs­einkommen von rund 730 Euro.« (Drucksache 17/2666 v.28.07.2010)

 

Irina Velley bewertet dies in einem Beitrag zum Landespolitischer Ratschlag der Linken, 2. April 2011, Duisburg: Wo bitte geht's zum Widerstand? so:

 

»Galt für die AGH-Entgeltvariante und Jobperspektive noch, dass zumindest Allein­stehende mehr als den ALG II-Anspruch erhielten, so werden die meisten ›Bürgerarbeiter/innen‹ auf ergänzende Transfer­leis­tungen ange­wiesen bleiben. Damit sind sie keine Arbeit­nehmer/innen, sondern bleiben Trans­fer­leis­tungs­be­zieher/innen unter Kuratel des Jobcenters.

 

Als besonderst perfide erweist sich die als Fort­schritt verkaufte Sozial­ver­si­cherungs­pflicht. Den Betrof­fenen verhilft sie nicht zu einer auskömm­lichen Rente. Vielmehr werden die meisten aufgrund zu niedriger Beiträge oder der lang­jährigen Ver­ar­mungs­pro­zesse zu ihrer aktiven Zeit auf Grund­siche­rung ange­wiesen bleiben. So ersparen die eingezahlten Beiträge aus­schließlich dem Staat einen Teil der Grundsicherungsleistungen

 

Die Profiteure

Angesichts der dramatischen Verschuldung der Kommunen kommt den Kämmerern jede Entlas­tung Recht. Ihr Haushalt wird in zweierlei Hinsicht entlastet. Einer­seits sparen sie Kosten für die Mieten der Bürger­arbeiter ein, die die Kommune für ALG II-Bezieher aufzuwenden hat. Anderer­seits können Kürzungen im Personal­bereich – zumindest teil­weise - durch die, für sie kosten­lose Bürger­arbeiter, ersetzt werden.

 

Während der Aktivierungsphase sind die üblichen Ver­dächtigen der »Hartz IV-Indus­trie« also vorwiegend die Führungen der so genannten »Wohl­fahrts­verbände«, wie Caritas, Diakonie AWO, IB mit im Geschäft. Hier hoffen sie, einen Teil ihrer Verluste aus dem zurück­gehenden »1-€-Jobber-Geschäft«, ausgleichen zu können.

 

Die Bedrohten

Bedroht von dieser Entwicklung sind mittelfristig die Beschäftigten in den Kommunen. Wenn die natürlichen Abgänge, durch Pensionierung, Wechsel, Tod nicht ersetzt werden, steigt die individuelle Arbeitsbelastung ständig Die Einrichtung eines sich ständig erweiternden Niedriglohnsegments im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge führt dort unvermeidlich zur Senkung des Lohnniveaus.

 

Zwischenbilanz

Bei der Bewertung des bisherigen Verlaufs des Modell­projekts »Bürger­arbeit« sollte man sich nicht von der Tatsache täuschen lassen, dass bis Mitte Mai 2011 lediglich 9000 von geplanten 34 000 Bürger­arbeits­plätzen besetzt wurden. Bei einer genaueren Betrach­tung des Projekts fällt auf, dass weniger die »Beschäfti­gungs­phase« als vielmehr die »Akti­vierungs­phase« den Vorrang im Projekt­verlauf genießt.

 

Den 34 000 Bürgerarbeitsplätzen stehen nach Angaben des BMAS 161 807 (!) Aktivierungen gegenüber.

Grund genug sich dies einmal am Beispiel Köln näher anzusehen..

Für die 150 Bürgerarbeitsplätze wurden 500 Menschen »aktiviert« Dabei wurde diese Phase in drei Abschnitte unterteilt:

 

  • Beratung und Standortbestimmung
  • Vermittlungsaktivitäten sowie
  • Qualifizierung und Förderung

 

(Angaben aus eine Präsentation des Jobcenters Köln v.15.04.2011)

 

Lobend hervorgehoben wird der hohe Integrationsetat von 5000 Euro, der für den/die einzelne/n Teilnehmer/in einge­setzt werden konnte. Dazu zählen bei­spiels­weise Frisör­besuch, Typberatung, Zahn­ersatz, neue Kleidung für Vorstel­lungs­gespräche aber auch Weiterbildungsmaßnahmen, Eingliederungszuschüsse, assistierte Vermitt­lung sowie Praktika. Insgesamt fünf verschie­dene Träger führten diese Maß­nahme durch, mit durchaus unter­schied­lichen Ergeb­nissen. Ent­schei­dend ist jedoch, dass von den 500 Akti­vierten 150 oder 29 % vermit­telt werden konnten. Über die Qualität der Arbeits­plätze in die »vermit­telt« wurde ist damit natürlich nichts ausge­sagt. Angesichts einer Vermitt­lungs­quote von 1 % während der Finanz­krise und von 4-5 % während des »Auf­schwungs« also ein »Supererfolg«.

 

Für viele Betroffenen, die in prekäre Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisse abge­drängt wurden, sieht die Bilanz aller­dings anders aus.

 

Auch ist auf den signifikanten Anstieg von Sanktionen während der Akti­vie­rungs­phase im Bereich des Job­cen­ters Köln hinzu­weisen. Betrug die Sank­tions­quote im 2. Quartal 2010 (zu Beginn der »Akti­vie­rungs­phase«,1,9%, gemessen an der der Gesamt­zahl der »erwerbs­fä­higen Hilfs­be­dürf­tigen« oder durch­schnitt­lich 1671 Personen, stieg sie im 4. Quartal Ende der »Aktivierungsphase) auf 3,1 % oder durch­schnitt­lich 2595 Personen an. (Datenreport SGB II,NRW)

 

Vor diesem Hintergrund wird die eigentliche Beschäftigungsphase zur Strafe dafür, dass man es trotz aller beschrie­benen Bemü­hungen und Investi­tionen nicht geschafft hat, einen Job zu finden.

 

Laut einer weiteren Aussage des Jobcenters Köln soll ein Teil der Bürger­arbei­ter zur Bergung des Archiv­guts aus dem einge­stürzten Stadt­archiv einge­setzt werden. Dies wurde bisher von 1 € Jobbern erledigt. Ein Antrag der Linksfraktion im Stadtrat auf tarifliche Bezahlung wurde von der Verwaltung mit folgender Argu­men­tation abgelehnt:

 

»Bei den im Rahmen der Arbeitsgelegenheiten (AGH) zu erledigenden Aufgaben handelt es sich um einfachste Helfer­tä­tig­keiten auf sehr nied­rigem Niveau. Gebor­genes Archiv­gut wird mit einem »Hand­feger« ent­staubt und in eine blaue Wanne gelegt. Die so vorbe­rei­teten Archiva­lien werden von der nächsten Gruppe aufge­schlagen (aufge­fächert) und auf Trans­port­wagen zum Trock­nen gelegt. Diese Tätig­keiten erfolgen jeweils unter Anlei­tung und Aufsicht der Restauratoren.«

 

…und das 36 Monate lang, zu 720 € netto, ohne Bewährung, aber ständig mit einem »Jobcoach« an der Seite!

 

Hier entlarvt dieses Modell seinen repressiven Doppelcharakter. Entweder werden die Betroffenen auf Biegen und Brechen gezwungen, einen irgendwie gearteten Job im Niedrig­lohn­bereich anzunehmen, was ihren Vermitt­lern eine entspre­chende Provision sichert, oder sie werden in Zwangs­arbeits­ver­hält­nissen dazu gebracht, einen wesentlichen Teil der Trans­fer­leis­tungen einzuarbeiten.

 

Neue Form von Zwangsarbeit

Ungeachtet missverständlicher Interpretationen ist und bleibt »Bürgerarbeit« von Anfang bis Ende eine Maßnahme gemäß SGB II. Das bedeutet, dass sie sanktionsbewehrt ist. Für jede Bürgerarbeiterin und für jeden Bürgerarbeiter steht am Beginn der Maßnahme eine »Eingliederungsvereinbarung«. Verstöße gegen diese werden sanktioniert.

 

Unverblümt führt das BMAS in der bereits zitierten FAQ-Liste v.15.11.2010 aus:

»Das Prinzip ›Fordern und Fördern‹ gilt auch in der ›Bürgerarbeit‹. Die Ablehnung zumutbarer Bürgerarbeitsplätze ohne wichtigen Grund führt zu einer Minderung des Arbeitslosenarbeitsgeldes II. Es gelten die Bestimmungen des SGB II zu Sanktionen.«

 

Ähnlich, wie bei den inzwischen zunehmend in Misskredit geratenen »1-Euro-Jobs«, erfüllt »Bürgerarbeit« die Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zur Zwangsarbeit.

 

Dort heißt es:

»Art. 2.1. Als »Zwangs- oder Pflichtarbeit« im Sinne des Übereinkommens gilt jede Art von Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung irgendeiner Strafe verlangt wird und für die sie sich nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat.«

 

(Übereinkommen Nr. 29 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vom 28. Juni 1930 über Zwangs- oder Pflichtarbeit vom 1.Juni 1956 (BGBL. II 1956, 640 / in der BRD in Kraft getreten am 5. Juni 1957)

 

Allein schon aus diesem Grund ist «Bürgerarbeit«, genauso wie die 1-Euro-Jobs grundsätzlich abzulehnen.

 

Widerstand regt sich

Knapp 5 Jahre nach der Einführung von »Hartz IV« stand bereits am 05.06.2009 in der Zeitung »Der Westen« zu lesen:

 

»Ein-Euro-Jobs vernichten reguläre Arbeitsplätze. Das ergibt eine Studie der Bundesanstalt für Arbeit. Auch der Bundesrechnungshof, der Zentralverbands des Deutschen Handwerks und Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände kommen zu diesem Ergebnis.«

 

Das, was von vielen Erwerbslosengruppen von Anfang an vorhergesagt und kritisiert wurde, war nun überall Schwarz auf Weis nachzulesen. Die überwältigende Mehrzahl der 1-Euro-Job-Plätze waren weder »zusätzlich« noch »gemeinnützig«. Jahrelang hatten die Interessen-

 

vertreter der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber in den so genannten »Bewilligungsausschüssen« der ArGen die Interessen ihrer Mitglieder zu Gunsten des Ausbaus einen Niedriglohnsektors konsequent missachtet. Die unablässige Kritik von Erwerbslosengruppen, den parlamentarischen Vertretungen der LINKEN, sowie die Änderung der politischen Mehrheitsverhältnisse im Bund, haben bei einem Teil der Erfinder und bisherigen Verfechtern einer »aktivierenden Arbeitsmarktpolitik« wohl zu einem (allerdings viel zu spätem) Umdenkprozess geführt.

 

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, in deren Organisationsbereich das Personal der Kommunen fällt, hat Widerstand angekündigt, der offensichtlich mit zu der schleppenden Besetzung der Bürgerarbeitsplätze führt. Es besteht in den Kämmereien Rechtsunsicherheit darüber inwieweit die BürgerarbeiterInnen unter die tarifvertraglichen Regelungen des TVöD fallen. Ließ die Regierung im April 2010 noch verlauten, »dass einschlägige tarifliche Regelungen angewendet werden(BT-Drucksache 17/2666) folgte im November die Feststellung: »Nach Auslegung des Bundesministerium des Innern gilt diese sogenannte Öffnungsklausel (bei Arbeiten nach den §§ 260ff des SGB III, der Verf.) auch für Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen des Modellprojekts »Bürgerarbeit«.

 

Schlussendlich erklärte im April 2011, das für die Prüfung von Bürgerarbeitsplätzen zuständige Bundesverwaltungsamt (BVA) die Arbeitnehmerüberlassung für Bürgerarbeit als zulässig. Dies geschah auf Anweisung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales

 

Der Fachbereich Gemeinden von ver.di führt dazu in einer Erklärung aus:

Es ist ein Unding, dass sich ein Bundesministerium bemüht, den TVöD zu unterlaufen. Im Klartext heißt das: Weil tarifgerechte Beschäftigungsverhältnisse durch die Kommunen (ohne Eigenbeitrag) nicht eingerichtet werden können, geraten andere Träger in den Blick. Beschäftigungsträger und andere freie und konfessionelle Träger sind mancherorts schon im Gespräch und nun kommen auch noch Leiharbeitsunternehmen hinzu.

 

Weiter heißt es in dieser Erklärung:

Da jedoch die »Bürgerarbeiter« von Beschäftigungsträgern oder Leiharbeitsfirmen in die Kommunen in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht »eingegliedert« oder auf anderen Wegen »überlassen« werden, bedarf es der Zustimmung von Betriebs-und Personalräten.

Darum müssen wir alle Möglichkeiten der Gegenwehr nutzen!

 

(ver.di, Fachbereich Gemeinden, 3. Personal-und Betriebsratsinformation zur »Bürgerarbeit)

 

Auch der Parteivorstand der LINKEN hat sich in dieser Frage mit seltener Deutlichkeit positioniert, in dem er beschloss:

»Eine konsequente Ablehnung der Bürgerarbeit auf Bundes-,Landes-,und kommunaler Ebene ist für DIE LINKE auch eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit.Der Parteivorstand ruft deshalb alle FunktionsträgerInner der LINKEN dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass bei ihnen keine Teilnahme am Programm der Bürgerarbeit erfolgt.«

(Beschluss des PV der LINKEN v.31.10.2010)

 

Selbst in die Reihen von »rot«-grün scheint Bewegung zu kommen. So lesen wir in einem am 21.06,2011 veröffentlichten Antrag der »rot«-grünen Regierungskoalition in NRW zum Thema eines »sozialen Arbeitsmarkts« folgendes:

»Ausgestaltung der Beschäftigung: Es handelt sich um sozialversicherungspflichtige öffentlich geförderte Beschäftigung, die existenzsichernd entlohnt und grundsätzlich unbefristet angeboten wird. Die Vollzeitbeschäftigung und die tarifliche (oder ansonsten ortsübliche) Entlohnung sind dabei Maßstab. Bei der öffentlich geförderten Beschäftigung soll es sich um ein freiwilliges Angebot. Lebenslanges Lernen soll auch Maxime im Sozialen Arbeitsmarkt sein. Dafür darf sich die Förderung der Qualifizierung nicht nur auf das erste Jahr beschränken

(Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren – Beschäftigung neu denken – einen sozialen Arbeitsmarkt für NRW voranbringen)

 

Das kommt zwar alles ein wenig spät, aber angesichts der dreijährigen Laufzeit des »Modells« nicht zu spät.

 

Den zur Bürgerarbeit »Zugewiesenen« bleibt zu raten, bei ihrer Krankenkasse anzuzeigen, dass ihr Arbeitsplatz weder »zusätzlich« noch »gemeinnützig« sei. Diese sind von Amts wegen dazu verpflichtet diesem Verdacht nachzugehen und gegebenenfalls die Sozialversicherungsbeiträge beim Arbeitgeber/Träger einzufordern. Auch sollten sie bei der örtlichen ver.di und unabhängigen Beratungsstellen um Beratung nachsuchen.

 

An den AktivistInnen der Erwerbslosengruppen und den Mitgliedern der LINKEN liegt es, diese neue Form von Zwangsarbeit zu skandalisieren und eine möglichst breite Front gegen diese aufzubauen. Denn:

 

Die Regierungskoalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung von 2009 klipp und klar ausgeführt, was sie will:

 

»Wir wollen die Vielzahl der bestehenden Arbeitsmarktinstrumente deutliche reduzieren. Unser Ziel ist es, vor Ort ein hohes Maß an Ermessensspielraum … zu erreichen. …

Die Koalition wird deshalb Voraussetzungen dafür schaffen, das neue Lösungsansätze wie z.B. »Bürgerarbeit« … erprobt werden.«

und:

»Die Koalition nimmt sich vor, die vielfältigen und kaum noch überschaubaren steuerfinanzierten Sozialleistungen darauf hin zu überprüfen, ob und in welchem Umfang eine Zusammenfassung möglich ist. In diese Überprüfung wird auch das Konzept des Bürgergeldes mit einbezogen.«

 

Im Klartext bedeutet das:

 

Einen Pauschalbetrag von 650 € (Vorschlag CSU) gibt es nur für diejenigen, die jederzeit für Zwangsarbeit vor Ort zur Verfügung stehen.

 

Deshalb schließen wir uns dem Aufruf von ver.di an:

Wir müssen alle Möglichkeiten der Gegenwehr nutzen!

 

Manfred Müller
Quelle: trend Online-Zeitung