Betrieb & Gewerkschaft

Bullerjahn braucht Druck

Warnstreiks im öffentlichen Dienst ausgeweitet

Streikende Arbeiter mit Fahnen und Transparenten.

Die »Tarifgemeinschaft deutscher Länder« (TdL) bleibt stur. Auch in der zweiten Verhandlungsrunde am 14. und 15. Februar legte der Vorsitzende Jens Bullerjahn (SPD), Finanzminister von Sachsen-Anhalt, kein Angebot vor. Ver.di und die GEW riefen daraufhin in Niedersachsen, Berlin, Baden-Württemberg, Bayern und NRW zu zahlreichen betrieblichen und örtlichen Aktionen auf.

Am 19. und 20. Februar mobilisierte die Gewerkschaft in Düsseldorf zu ganztägigen Warnstreiks. Arbeitsniederlegungen gab es bei IT.NRW, dem früheren Landesamt für Statistik und Datenerfassung. Von dort zog man gemeinsam mit Streikenden der Bezirksregierung am 19. Februar vor das nordrhein-westfälische Finanzministerium der Landeshauptstadt. Auf der Streikversammlung sagte Stephanie Peifer, Geschäftsführerin des ver.di Bezirks Düsseldorf, in dieser Tarifrunde bestünde nicht nur ein Nachholbedarf bei Lohn und Gehalt für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes. Abgewehrt werden müssten auch Angriffe auf den Urlaub oder die ständige Erhöhung befristeter Arbeitsverträge. Inzwischen arbeite über 15 Prozent der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst nur noch befristet. Peifer kündigte an »wenn die Finanzminister der Länder nicht die Finger vom Urlaub lassen, werde es weitere Streiks geben.«

Auszubildende fordern 100 Euro mehr

An dem Streik beteiligten sich zahlreiche Auszubildende. Für sie geht es um eine existenzsichere Ausbildungsvergütung. »100 Euro mehr sowie eine verbindliche unbefristete Übernahme nach der Ausbildung sind das Ziel« so eine Sprecherin der Hauptjugend- und Auszubildendenvertretung. Jürgen Senge, stellvertretender Personalratsvorsitzender bei IT.NRW und Mitglied des dortigen ver.di Vertrauensleutekörpers erklärte gegenüber Unsere Zeit: »Die Beschäftigten erwarten eine dem gesellschaftlichen Wert ihrer Leistungen entsprechende Bezahlung. Es kann nicht sein, dass der öffentliche Dienst der Länder in den letzten Jahren deutlich hinter der privaten Wirtschaft zurückbleibt.« Auch bei den Kommunen wird ab Januar 2,25 Prozent, von August diesen Jahres an 3,6 Prozent mehr gezahlt. »Deshalb sind 6,5 Prozent richtig.« Senge kritisierte die soziale Komponente. »Hier hätte es einen höheren Sockelbetrag geben müssen. Gerade die unteren Gehaltsgruppen werden in jeder Tarifrunde benachteiligt.« Auf die Provokation der Länder »den Urlaub kürzen zu wollen, muss ver.di mit der Forderung einer Arbeitszeitverkürzung antworten. Dann kommen wir auch aus der Situation heraus, immer nur auf Kürzungen der Unternehmer zu reagieren.« Nicht hinnehmbar sei außerdem, dass 40 Prozent der unter 35jährigen im öffentlichen Dienst nur noch einem Zeitvertrag hätten. Selbst bestehende unbefristete Arbeitsverträge würden in befristete umgewandelt, wenn Beförderungen anständen.

Unikliniken im Streik

Am 20. Februar streikten Beschäftigte der Unikliniken in Düsseldorf, Essen, Bonn, Köln, Aachen und Münster. An der Streikversammlung der Universitätsklinik Düsseldorf beteiligten sich rund 300 Kolleginnen und Kollegen. Sie übten heftige Kritik am Verhandlungsstil Bullerjahns. Obwohl die Länder mit sprudelnden Steuereinnahmen rechneten, kenne der Minister nur die Schuldenbremse. Der Arbeitskreis »Steuerschätzung« sage bis 2014 ein Steuerplus von insgesamt 12,2 Prozent voraus. 5,6 Prozent mehr Steuereinnahmen waren es in 2012.

Personalrat fordert Diskussion über 30-Stunden-Woche

Unter Hinweis eines offenen Briefes für eine 30-Stunden-Woche von 100 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Gewerkschaften, forderte der Personalratsvorsitzende der Universitätsklinik Düsseldorf, Martin Körbel-Landwehr: »Dieser Aufruf müsse jetzt innerhalb ver.di diskutiert werden und auf die Tagesordnung«. In Sachen Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich könnten die Gewerkschaftsgremien auf zahlreiche Beschlüsse des dritten ver.di-Bundeskongresses zurückgreifen. In seiner Rede beklagte Körbel-Landwehr, dass die Arbeitsbedingungen im Gesundheitssystem immer härter würden. »Fakt ist, durch die extreme Arbeitsbelastung geht immer mehr Personal auf Teilzeit, weil die jetzige Vollzeitbeschäftigung krank mache.«

Großdemonstration am 6. März in Düsseldorf

Ver.di, GEW und GdP verlangen 6,5 Prozent mehr. Eine Erhöhung um 100 Euro für Auszubildende und eine verbindliche Übernahmeregelung nach erfolgreicher Ausbildung. Im Hinblick auf zunehmende Ausnahmeregelungen im Tarifvertrag der Länder (TV-L) wollen die Gewerkschaften das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten sowie die Versorgungsempfänger der Länder und der Kommunen übertragen. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 7. und 8. März 2013 in Potsdam vorgesehen. Einen Tag vorher am 6. März findet in Düsseldorf eine zentrale Großdemonstration statt.

Bleibt auch die dritte Verhandlungsrunde ohne akzeptables Ergebnis, setzt ver.di auf weitere Streiks. An der Basis wird der Ruf nach Urabstimmung lauter.

Foto und Text: Herbert Schedlbauer