Betrieb & Gewerkschaft

Gekündigte Schlecker-Frauen sollen ohne Lohn arbeiten

Gewerkschaft will Gespräch mit der Arbeitsagentur

Frauen protestieren vor Schlecker-Filiale mit Gewerkschaftsfahnen.

06.06.2012 | Kritik an den Äußerungen der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit im Zusammenhang mit Schlecker-Insolvenz hat die Gewerkschaft ver.di geübt. »Es ist schwer erträglich, wenn arbeitslosen Frauen durch die Chefin der Agentur als notwendige Perspektive Lohnverzicht und Umzug in die Großstadt eröffnet wird«, erklärte die nordrhein-westfälische ver.di-Landesleiterin Gabriele Schmidt.

»Wenn dann auch noch die von den Schlecker-Frauen erkämpften ganz normalen Einzelhandels-Tariflöhne in der Öffentlichkeit als »übertarifliche Bezahlung dargestellt werden«, sei das Maß voll, so Schmidt weiter. Die Chefin der Bundesagentur für Arbeit in NRW, Christiane Schönefeld, wurde in einer Pressemitteilung der Behörde mit den Worten zitiert: »Für die Betroffenen heißt das, dass sie offen sein müssen für Veränderungen – beruflich wie finanziell.« ver.di habe aufgrund der Vorkommnisse um ein Gespräch mit der Regionalagentur gebeten, teilte die Gewerkschaft mit.

Bei einem Treffen von Schlecker Betriebsrätinnen mit dem nordrhein-westfälischen Arbeitsminister Guntram Schneider musste sich die Landesregierung bereits herbe Kritik an der Arbeit etlicher Arbeitsagenturen und Jobcenter anhören. So wurden Frauen mehrwöchige Praktika als Urlaubsvertretung im Einzelhandel ohne Bezahlung angeboten. In anderen Fällen sollten die Frauen in 400-Euro-Jobs vermittelt werden oder zu einem Stundenlohn von 6,50 Euro brutto arbeiten. »So haben wir uns den Umgang einer aus Steuermitteln finanzierten Bundesbörde mit Frauen, die nach Jahrzehnten unverschuldet arbeitslos werden, nicht vorgestellt«, kritisierte Gabriele Schmidt. Man müsse klären, welche Interessen die Arbeitsagentur vertrete. Die Gewerkschaft fordert weiter einen bundesweiten Sonderfonds der Bundesagentur, um eine der größten Pleiten der Nachkriegszeit für die betroffenen Beschäftigten etwas erträglicher zu machen.

Die von der Regionalagentur seit Wochen proklamierten »guten Chancen« der Schlecker-Frauen auf dem NRW-Arbeitsmarkt seien »durch Fakten jedenfalls nicht zu belegen«. 80 Prozent der von März bis zum 21. Mai gemeldeten Schlecker-Mitarbeiterinnen konnten nach eigenen Angaben der Regionalagentur bis heute nicht in eine neue Arbeit vermittelt werden. »Und jetzt kommen noch einmal bis zu 2.500 Frauen dazu«.

Günter Isemeyer
ver.di-Landesbezirk
Nordrhein-Westfalen


Die DKP in den Düsseldorfer Stadtteilen Gerresheim und Eller teilt die Kritik von Verdi. Die Gruppe um den ehemaligen DKP-Ratsherrn Hartmut Lohse und die DKP-Bezirksvertreter Christiane Schnura und Uwe Koopmann hatte bereits zu Beginn des Jahres vor der drohenden Arbeitsplatzvernichtung gewarnt. Koopmann:

»Die angeblich klassenneutrale Arbeitsagentur hat sich eindeutig und einseitig auf die Kapital-Seite geschlagen. Eine prinzipielle Änderung wird es aber auch durch Reförmchen nicht geben. Schlecker zeigt: Die Eigentumsfrage ist zu stellen. In einem solchen neuen Rahmen streiten wir auch nicht über den Namen des Unternehmens. VEB Anton Schlecker würden wir als Herausforderung und Mahnung an vergangene Zeiten vielleicht akzeptieren. Mit einer solchen Forderung können wir uns sogar auf die NRW-Verfassung stützen. Die gestattet nämlich die Sozialisierung solcher Betriebe.«